Drittländer mit hohem Risiko
Stand: Dezember 2023 idF DelVO 2024/163
Seit Inkrafttreten der 4. Geldwäsche-Richtlinie kann die Europäische Union mittels so genannter „Delegierten Verordnungen“ Drittländer mit hohem Risiko, die strategische Mängel in der Prävention bzw. Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen, festlegen. Was in der Theorie gut und transparent klingt, erweist sich in der Praxis jedoch manchmal als schwierig.
Bei der Bestimmung von Drittländern mit hohem Risiko stützt sich die Europäische Union derzeit ausschließlich auf die Ergebnisse der FATF-Länderprüfungen sowie die Bereitschaft der geprüften Länder, strategische Mängel zu beseitigen.
Daraus ergibt sich eine Unterscheidung in drei Fallgruppen:
I. Drittländer mit hohem Risiko, die sich schriftlich auf hoher politischer Ebene dazu verpflichtet haben, die festgestellten Mängel anzugehen, und mit der FATF einen Aktionsplan erarbeitet haben.
II. Drittländer mit hohem Risiko, die in der Öffentlichen Bekanntgabe der FATF angegeben sind, sich auf hoher politischer Ebene dazu verpflichtet haben, die festgestellten Mängel anzugehen, und beschlossen haben, um technische Unterstützung für die Umsetzung des FATF Aktionsplans zu ersuchen.
III. Drittländer mit hohem Risiko, die in der Öffentlichen Bekanntgabe der FATF angegeben sind, anhaltende wesentliche Risiken hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung darstellen und die festgestellten Mängel wiederholt nicht angegangen sind.
Folgt man konsequent einem risikobasierten Ansatz, so ist wohl davon auszugehen, dass auf die in Fallgruppe I genannten Länder innerhalb der Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten ein geringerer Sorgfaltsmaßstab angewendet kann, als auf Länder die in Fallgruppe II oder gar III gelistet sind. Ganz grundsätzlich gilt jedoch, dass alle in der DelVO genannten Länder unter die Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten fallen.
Sämtliche in der Delegierten Verordnung der EU gelisteten Länder unterliegen der Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten.
§ 9a Abs 1 FM-GwG sieht in diesem Zusammenhang etwa vor, dass folgende Maßnahmen gegenüber Kunden anzuwenden sind:
- Einholung und angemessene Überprüfung zusätzlicher Informationen über den Kunden und seine wirtschaftlichen Eigentümer;
- Einholung zusätzlicher Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung;
- Einholung von zusätzlichen Informationen für die Überprüfung der Herkunft der eingesetzten Mittel und Einholung von zusätzlichen Informationen über die Vermögensverhältnisse des Kunden und seiner wirtschaftlichen Eigentümer;
- Einholung von Informationen über die Gründe für die geplanten oder durchgeführten Transaktionen;
- Einholung der Zustimmung ihrer Führungsebene, bevor sie Geschäftsbeziehungen zu diesen Kunden aufnehmen oder fortführen und
- verstärkte kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung durch eine weitere Erhöhung der Häufigkeit und der Intervalle der Kontrollen und durch die zusätzliche Auswahl von Transaktionsmustern, die einer weiteren Prüfung bedürfen.
Ein Bezug zu einem Hochrisikoland (HRL) und somit auch die Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten, kann durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden. Einige Beispiele dafür:
- Der Kunde hat seinen (Wohn)Sitz in einem HRL
- Vertretungsbefugte Personen, wirtschaftliche Eigentümer oder Treugeber haben einen (Wohn)Sitz in einem HRL
- natürliche oder juristische Personen aus HRL sind an Transaktionen des Kunden beteiligt
Interessantes am Rande:
In ihrem Rundschreiben zum Thema „Sorgfaltspflichten zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung“ vom 18.12.2018 verweist die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) darauf, dass zwar die einzelne Transaktion im Falle der Beteiligung eines HRL mit verstärkter Sorgfalt zu behandeln ist, der Kunde per se aber nicht zwingend in einer höheren Risikokategorie zu führen ist, sofern die Transaktionen nur vereinzelt durchgeführt werden.
weitere geografische Risikofaktoren
Über die EU-DelVO hinaus können sich Risikofaktoren in geografischer Hinsicht auch aus folgenden Umständen ergeben:
- Länder, deren Finanzsysteme nicht über hinreichende Systeme zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung verfügen
Dies kann insbesondere auch EU-Länder treffen, sofern entsprechende Berichte der FATF oder anderer Evaluierungskommissionen vorliegen - Drittländer, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen signifikant stark ausgeprägt sind
Als glaubwürdige Quelle sind etwa Berichte von Transparency International, der CPI (Corruption Perception Index) oder andere vergleichbare Berichte einzustufen. - Länder, gegen die durch die EU oder UN Sanktionen, Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt wurden sowie
- Länder, die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte terroristische Organisationen aktiv sind.
Nähere Informationen zum Thema „Umgang mit Hochrisikoländern“ erhalten Sie in dem nachstehend verlinkten Video.
Im Anschluss an das Video finden Sie noch eine aktuelle Auflistung der Hochrisikoländer im Sinne der DelVO der Europäischen Union sowie die einzelnen Verordnungen im Überblick.
Aktuell als „Drittländer mit hohem Risiko“ gelistete Staaten
Stand: Dezember 2023 idF DelVO 2024/1675 vom 12.12.2023
(Änderungen in ROT)
I. Drittländer mit Aktionsplan
Afghanistan
Barbados
Burkina Faso
Kaimaninseln
Kamerun
Demokratische Republik Kongo
Gibraltar
Haiti
Jamaika
Jordanien
Mali
Mosambik
Myanmar/Birma
Nigeria
Panama
Philippinen
Senegal
Südafrika
Südsudan
Syrien
Tansania
Trinidad und Tobago
Uganda
Vereinigte Arabische Emirate
Vanuatu
Vietnam
Jemen
II. Drittländer, die einen Aktionsplan erstellen möchten
Iran
III. Drittländer ohne Bemühung, festgestellte Mängel zu beseitigen
Demokratische Volksrepublik Korea (DVK)
Eine konsolidierte Fassung der Delegierten VO 2016/1675 mit einer Auflistung der nachträglich erfolgten Aktualisierungen / Änderungen finden Sie auch in der Rechtssatzdatenbank der Europäischen Union (EUR-Lex).
Die Verordnungen der EU im Überblick
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/163 DER KOMMISSION vom 12. Dezember 2023
Streicht die Kaimaninseln und Jordanien aus der Liste.
Enthält eine aktualisierte, vollständige Fassung der in Tabelle 1 gelisteten Länder.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/2070 DER KOMMISSION vom 18. August 2023
Fügt Kamerun und Vietnam der Liste hinzu.
Enthält eine aktualisierte, vollständige Fassung der in Tabelle 1 gelisteten Länder.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/1219 DER KOMMISSION vom 17. Mai 2023
Fügt Nigeria und Südafrika zur Tabelle I hinzu
Streicht Kambodscha und Marokko aus der Liste.
Enthält eine aktualisierte, vollständige Fassung der in Tabelle 1 gelisteten Länder.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/410 DER KOMMISSION vom 19. Dezember 2022
Fügt die Demokratische Republik Kogo, Gibraltar, Mosambik, Tansatia sowie die Vereinigten Arabischen Emirate zur Tabelle I hinzu
Streicht Simbabwe, Nicaragua und Pakistan aus der Liste.
Enthält eine aktualisierte, vollständige Fassung der in Tabelle 1 gelisteten Länder.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/229 DER KOMMISSION vom 07. Januar 2022
Fügt Burkina Faso, die Kaimaninseln, Haiti, Jordanien, Mali, Marokko, Philippinen, Senegal sowie den Südsudan zur Tabelle I hinzu
Streicht Bahamas, Botsuana, Ghana, Irak und Mauritius aus der Liste.
Enthält eine aktualisierte, vollständige Fassung der in Tabelle 1 gelisteten Länder.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2021/37 DER KOMMISSION vom 7. Dezember 2020
streicht die Mongolei aus Tabelle I.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/855 DER KOMMISSION vom 7. Mai 2020
streicht Bosnien und Herzegowina, Guyana, DVR Laos, Äthiopien, Sri Lanka und Tunesien.
Enthält eine aktualisierte Fassung der nunmehr unter Tabelle I. geführten Länder:
Afghanistan
Bahamas
Barbados
Botsuana
Kambodscha
Ghana
Irak
Jamaika
Mauritius
Mongolei
Myanmar/Birma
Nicaragua
Pakistan
Panama
Syrien
Trinidad und Tobago
Uganda
Vanuatu
Jemen
Simbabwe
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/1467 DER KOMMISSION vom 27. Juli 2018
fügt Pakistan zu Tabelle I hinzu.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/212 DER KOMMISSION vom 13. Dezember 2017
fügt Sri Lanka, Trinidad und Tobago sowie Tunesien zur Tabelle I hinzu.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/105 DER KOMMISSION vom 27. Oktober 2017
fügt Äthiopien zur Tabelle I hinzu.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2016/1675 DER KOMMISSION vom 14. Juli 2016
ist die erste, durch die EU erlassene Delegierte Verordnung. Sie bildet die Basis für nachfolgende Änderungen.
Die Verordnung umfasst folgende Länder:
I. Drittländer mit Aktionsplan
Afghanistan
Bosnien und Herzegowina
Guyana
Irak
DVR Laos
Syrien
Uganda
Vanuatu
Jemen
II. Drittländer ohne Aktionsplan
Iran
III. Drittländer ohne Bemühung, festgestellte Mängel zu beseitigen
Demokratische Volksrepublik Korea (DVK)